Landschaftlich hat der Ort Weissensee das große Los gezogen: Fast zwölf Kilometer lang ist das Binnengewässer, das dem Dorf seinen Namen verlieh. Das türkisfarbene Wasser des Sees erinnert an die Karibik, seine langgezogene Form an einen norwegischen Fjord. Drumherum liegen die Gailtaler Alpen, ein Bergpanorama wie gemalt. Großen Rummel hat man hier noch nie um diese Lage gemacht, sondern stets einen sanften Tourismus gepflegt.
Und so ist die Natur bis heute intakt, die Ruhe der abgeschiedenen Idylle erhalten geblieben. Für ein nachhaltiges Urlaubs- und Naturerlebnis sorgt ganz wesentlich auch die Umweltfreundlichkeit der Verkehrsmittel: Vom nächsten Bahnhof verkehrt ein Shuttle, auf dem See fahren nur Elektro-Schiffe – und drumrum oder auf die Berge geht’s mit dem Sessellift, zu Fuß oder per Rad. Ganz so, wie es dem Qualitätsgütesiegel „Alpine Pearls“ entspricht.
Im Zwei-Stunden-Takt starten von München die EC-Züge in Richtung Klagenfurt, weniger als fünf Stunden dauert die Reise von der bayerischen Hauptstadt in den Naturpark Weissensee mit der gleichnamigen Gemeinde. Ganz ohne Zwischenhalt kommt man leider nicht hin, wenigstens einmal muss umgestiegen werden. Die gute Nachricht: Sitzt man erst einmal in der S 1 Richtung Lienz, ist man schon so gut wie da.
Am Bahnhof Greifenburg-Weissensee steht schon das Shuttle-Taxi für die letzte Meile zum Hotel bereit. Wer etwa von Berlin aus mit dem ICE startet, steht so nach gut zehn Stunden an der Rezeption des Hotels – so schnell und entspannt wäre das mit dem Auto kaum denkbar. Wer trotzdem per Pkw angereist ist und das Gefährt am Hotel geparkt hat, kann es hier für die nächsten Tage gut stehen lassen. Das sollte man sogar, denn Weissensee ist schlicht nicht für Autos gemacht – Parkplätze im Ort sind rar und manche Gassen eindeutig zu schmal für größere Pkw. Da die meisten Hotels, Pensionen und Apartmenthäuser Mobilitäts-Partnerbetriebe sind, ist der Abholservice in der Regel auch gratis.
Eine tolle Sache: Kostenlos können Weissensee-Gäste während der Sommermonate mit dem Erlebnispass mobil+ den Naturparkbus nutzen, der je nach Saison halbstündlich oder stündlich zwischen den Ortsteilen der Gemeinde verkehrt. Der Wanderbus bringt zudem Gäste morgens zwischen 7 und 8 Uhr zu bestimmten Ausgangspunkten für Touren durch die Berge.
Und dann ist da noch Fred. Der ist ganz schön leise, er schnurrt eher, laute Motorgeräusche und ein Auspuff sind gar nicht sein Ding. Fred ist prima fürs Klima, und auf seine weiße Grundfarbe sind Berge, Wiesen und Bäume geklebt, er macht also auch äußerlich was her. Der E-Golf namens Fred, den ein örtliches Autohaus der Weissensee Information zur Verfügung gestellt hat, ist Teil des nachhaltigen Alpine-Pearls-Mobilitätskonzepts im Naturpark.
Fred parkt auf dem Parkplatz P6 hinter der Weissensee Information und kann für sechs Euro die Stunde geliehen werden. So ganz spontan kann man ihn leider nicht mieten, man sollte das Auto schon ein paar Tage vorab reservieren oder etwas flexibel sein – der leise Flitzer von Weissensee ist nämlich ziemlich begehrt.
Der fjordartige See gilt als Kärntens sauberster Badesee, und man glaubt das sofort, wenn man in das stellenweise türkisfarben leuchtende, klare Wasser schaut. In jedem Fall ist das 11,6 Kilometer lange und bis zu 900 Meter breite Gewässer auf der Südseite der Alpen der höchstgelegene Badesee Kärntens. Im Sommer kann er bis zu 25 Grad warm werden und 84 Prozent seiner Ufer sind naturbelassen. Trotzdem hat jeder Beherbergungsbetrieb einen Seezugang, den die Gäste nutzen können – eine Wiese, einen Steg oder sogar einen kleinen Strand.
Auf dem See bleibt es überraschend still, auch in der Hauptsaison. Es dürfen nämlich nur wenige „offizielle“ Motorboote fahren, etwa die Rundfahrtenboote der Weissensee Schifffahrt. Gäste können SUP-Boards, Kajaks oder Elektroboote ausleihen. Schon seit Mitte der 90er-Jahre ist die Kulturlandschaft am und um den Weissensee als Naturpark geschützt. Zu den Alpine Pearls gehört die Gemeinde aber nicht nur deshalb, auch das Konzept der sanften Mobilität ist hier vorbildlich umgesetzt. Als Gäste der vielen Partnerbetriebe können Urlauber kostenfrei den Erlebnispass Weissensee mobil+ nutzen, der neben dem Gratis-Shuttleservice vom Bahnhof und kostenfreier Nutzung von Naturpark- und Wanderbus auch Ermäßigungen für Angebote wie Leih-E-Boot und Seeschifffahrt bietet.
Perfekt eigentlich: Dieser See ist eine Urlaubsregion, deren Umfeld mehr den Menschen und weniger den Autos gehört. Die Rad- und Wanderwege, die an vielen sonnigen Almen vorbeiführen, geben immer wieder Panoramablicke auf das Wasser frei. Und abends genießt man in einem der vielen Restaurants die leichte, regionale und fischreiche Alpe-Adria-Küche, die die Wirte hier servieren – immer gut und teilweise sogar in Bio-Qualität.
Besser als auf der Alm in Weissensee kann es für Wanderer kaum sein. Am Ende der 1,5 Stunden dauernden Tour sitzt man auf 1230 Höhenmetern an einem Tisch vor der Hermagoder Bodenalm. Die Strecke zur Alm ist nur eine von vielen aussichtsreichen Wanderungen rund um den See, insgesamt gibt es etwa 200 Kilometer markierte Wege. Und auf denen bekommt man die komplette Vielfalt der Alpennatur zu Gesicht: 36 Orchideenarten gibt es in der Region, und mit etwas Glück kann man seltene Vogelarten wie den Steinadler oder Bartgeier beobachten.
Regelmäßig werden Themen-Wanderungen angeboten, so übt man z.B. im Rahmen der „Back to the Roots“-Spezialtour das Überleben im Wald. Für Familien ist das Fishwatching empfehlenswert, wobei man von einem Boot aus mehr über die spannende Wasserwelt des Weissensees lernt. So richtig entschleunigend wirkt eine Tour auf den mit 2118 Höhenmeter höchsten Berg, den Spitzegel. Oberhalb der Baumgrenze muss man zwar ein bisschen im Fels klettern, wird dafür aber mit großartigen Aussichten belohnt.
Im Video verrät Ranger Robert Röbl mehr über das Wandern am Weissensee:
Rasant durchs Gelände geht es mit den Hightech-Rädern mit E-Antrieb, die ausleihbar sind. Insgesamt 13 Mountainbike-Touren mit 160 Kilometern markierter Strecken gibt es rund um Kärntens höchstgelegenen Badesee, darunter seit 2018 auch drei Downhill-Trails, die von einer Berg- hinunter zur Talstation führen. Damit man entspannt oben am Start ankommt, geht’s per Bergbahn samt eingehakten Rädern hinauf.
Egal, für welchen der unterschiedlich schwierigen Trails man sich am Ende entscheidet oder ob man einfach eine ganz normale Radtour unternimmt: Immer wieder überraschen die gigantischen Aussichten aufs Wasser, die sich unerwartet hinter einer Kurve oder an einer Lichtung auftun. Der See sieht jedes Mal anders aus, mal blau, mal türkisfarben, immer klar und verlockend. Eigentlich möchte man an seinem Ufer sofort das Bike stehenlassen, nur für einen Moment natürlich, um eine Runde zu schwimmen.
Im Video stellt euch Christopher Puntigam von der Weissensee Information die örtliche Mountainbike-Region vor:
Auf der glasklaren Oberfläche des Weissensees spiegeln sich die Berge ringsum und die kleinen rosa Wölkchen, die gerade am Himmel schweben. In gleichmäßigem Rhythmus tauchen die Paddel ins Wasser, Stand-up-Paddeln ist ein fast meditativer Sport. Sehr gesund ist es zudem. Jüngste Studien haben gezeigt, dass dabei die Rumpfmuskulatur sogar effektiver trainiert wird als an den Geräten im Fitnessstudio. Spielerischer und spaßiger geht es auf dem Wasser allemal zu.
Es gibt mehrere Verleihstationen rund um den 6,5 Quadratkilometer großen Weissensee, natürlich nicht nur für Stand-up-Paddle-Boards, sondern auch für Kanus und Elektroboote. Wer noch nie auf einem SUP-Brett gestanden hat und unsicher ist, der kann auch einen Einsteigerkurs buchen.
Abends irgendwo draußen auf einer Restaurantterrasse in der milden Sonne sitzen und frischen Fisch aus der Region genießen – das gehört zum Urlaub im Naturpark Weissensee natürlich dazu. Einige Restaurants, wie etwa „Die Forelle“ und „Das Loewenzahn“, verarbeiten dafür sogar Wildfänge vom Neusacher Berufsfischer Martin Müller von „Weissenseefisch“, der sich seit Jahrzehnten für eine verantwortungsvolle Bewirtschaftung des Sees einsetzt und Fische höchster Qualität liefert.
Besonders lauschig sitzt man zum Beispiel im Open-air-Restaurant „Das Bootshaus“ in Neusach am Seeufer, wo es im Sommer neben feinen Fischgerichten auch Sushi gibt. Während man aufs Essen wartet, das liebevoll und frisch zubereitet wird, schaut man der untergehenden Sonne zu und erlebt, wie das Leben am See allmählich wieder ganz still wird.
Wenn die „MS Alpenperle“ am Horizont auftaucht, dann gleitet sie erstaunlich leise durchs Wasser – das Schiff ist nämlich ein Hybrid, angetrieben teilweise mit Ökostrom. Damit passt es natürlich perfekt zum Mobilitätskonzept des Naturparks. Außerdem läuft das Boot viele Ausgangs- und Endpunkte von Rad- und Wanderrouten an, das erleichtert die Durchführung der Touren.
Von dem umweltfreundlichen Dampfer aus schaut man entspannt auf den türkisfarbenen See und entdeckt die Bergkulisse aus einer ganz neuen Perspektive. Schade nur, dass man von Deck aus nicht einfach in das karibisch anmutende, kristallklare Wasser hüpfen darf, das wäre wohl zu gefährlich – zur Abkühlung lieber später einen Badestopp am Ufer einlegen.
Die 750-Einwohner-Gemeinde liegt am Weissensee am Fuß der Gailtaler Alpen im Bezirk Spittal an der Drau in Kärnten. Der namengebende See ist der viertgrößte in der Region.