- Preis-Leistungs-VerhältnisSehr gut
- BehindertenfreundlichkeitSehr schlecht
- Zustand des HotelsGut
- Allgemeine SauberkeitGut
Rotwein und andere Genüsse rund um die blaue Moschee Eine Städte-Kurzreise folgt anderen Regeln als ein ausgedehnter Urlaub, sticht jedoch in der Erinnerung oftmals deutlich heraus, da viele Erlebnispunkte dicht gedrängt nebeneinander stehen. Das gilt auch für eine Fahrt nach Istanbul im Januar 2012. Vom Liebesgurren der Tauben aus tiefem Schlaf geweckt, gibt es Frühstück im strahlendem Sonnenlicht im Hotel-Dachwintergarten gegenüber der Blauen Moschee und mit Blick auf das Marmarameer. Die vielen großen Boote im Wasser scheinen im noch diffusen Morgenlicht zu schlafen, hin und wieder kreuzt ein kleiner Schlepper durch das Wasser. Nebenan hält der Nachbar zwei Rottweiler im 5. Stock, die mit tapsigen Pfoten dicht an den ungesicherten Rand des Daches treten und die Geschehnisse der historischen Gasse aufmerksam von oben beobachten. Allgegenwärtig die Möwen, Tauben, Spatzen und Elstern in (fast) friedlicher Eintracht in der morgendlichen Höhe der Stadt. Nach dem Besuch der riesigen Blauen Moschee direkt um die Ecke des Hotels, besteigen wir einen Hop on - Hop off Bus und lassen uns die Dimensionen des urbanen Istanbul bis zur historischen Stadtmauer zeigen. In der von Justinian I. erbauten Zisterne bewundern wir 336 Säulen im farbigen Licht und die steinernen Köpfe der Medusa. Kleine und sehr große, Karpfen - ähnliche Fische schwimmen träge zwischen den Säulen und erfreuen die Besucher. Dem Angebot eines Fotografen können wir nicht widerstehen und lassen uns als Haremsdamen fotografieren. Für umgerechnet 10 Euro pro Person gehen wir in einem türkischen Restaurant den Feinheiten der Küche auf den Grund (oder den Gaumen), um anschließend im Großen oder Gedekten Bazar einige Einkäufe zu tätigen. Hier scheinen alle Verkäufer einen Motivationskurs belegt zu haben. Es bleibt keine Muße, die Auslagen in Ruhe zu betrachten und zu bewundern, geschweige denn, korrekt auszuwählen. Ständig bekommt man Dinge unter die Nase gehalten, Tee angeboten und Fragen nach der Herkunft gestellt. Solchermaßen erschöpft, begeben wir uns ins traditionelle Cagaloglu Hamam im gleichen Stadtteil. Stilgerecht dezent verschwinden wir von Männern ungesehen im Frauentrakt durch den Fraueneingang. Weißer Marmor, Intarsien, Einlegearbeiten liegen seit dreihundert Jahren im Plätschern des Wassers der Wasserhähne. Wir hüllen uns nach dem Entkleiden in das traditionelle Hamamtuch und klappern mit Holzschuhen in den großen Bereich unter der meterhohen Kuppel. Mit einer silbernen Schale weichen wir unsere Haut mit geschöpftem Wasser und viel Schwung ein. Zwei kräftige, nackte Angestellte reinigen sich, ziehen schwarze Badeanzüge an und führen uns mit dem Charme von Gefängniswärterinnen auf ein Marmorpodest, dort liegen wir auf unserem Tuch und harren der Dinge. Große Wedel mit Seifenschaum reinigen die Poren, erste Hautfetzen werden mit einem Waschlappen herunter gerubbelt. Die anschließende Massage stellt eine Herausforderung dar, die schnell erkannten verspannten Stellen werden gnadenlos mit muskulösen Fingern bearbeitet. Begleitet von immerwährendem Geplätscher des Wassers unterliegen Fußreflexzonen, Fingergelenke, Bandscheiben und Beine einer sachkundigen Behandlung, die im weiteren Verlauf des Abends für wunderbares Wohlfühlgefühl sorgt. Die Waschprozedur versetzt einen in die Kindheit, als Mutter mit sanftem Druck und unerbittlich das Gesicht mit einem Waschlappen abrieb. Die Kopfwäsche - beim Friseur Einstiegsdroge in sanftes Umsorgen - ist hier durchknetendes Durchwalken und Verschieben der Kopfhaut, die anschließende Dusche mit der Silberschale eine Wohltat. Auf dem Heimweg genehmigen wir uns einen Becher Sahlep, dessen Geschmack an Zimt-Milchreis erinnert. Wir kehren zu einer Suppe beim Chinesen (!) an der Blauen Moschee ein und probieren nach dem Flug unseren zweiten türkischen Rotwein. Der Weinbau geht der Legende nach auf Noah zurück, der vor gut 5000 Jahren nach dem Stranden der Arche am Ararat Winzer wurde. Unter Mustafa Kemal Atatürk, dem Republikgründer und Sultanatsabschaffer, geriet der Weinbau in der Türkei nach langem Vergessen in das Blickfeld, da Atatürk selbst ein Weinliebhaber war. Heute dominieren große Weinkellereien den Weinmarkt. In „normalen“ Restaurants lassen sich deren Produkte probieren. Weingut Doluca, Doluca, 2010, 13,5% (Das Weingut wurde von einem in Geisenheim im Rheingau ausgebildeten Winzer 1926 gegründet). Ein trockener Rotwein, bei dem man die sonnenverwöhnten Trauben erschmeckt und der trotz seiner - nach europäischen Maßstäben – Jugend, Charakter zeigt. Der nächste Tag steht im Zeichen von Hagia Sofia und Fluss Bosporus. Einige Einheimische nennen die frühere Kirche Justinians „Santa Sofia“, obwohl ihre spätere Umwandlung zur Moschee und noch später zum Museum die kirchlichen Attribute ein wenig in den Hintergrund rückt. Beeindruckend die Ausmaße und Mosaike, die so fest mit dem darunter liegenden Stein verbunden scheinen. Durch den Gülhane Park zum Fluss und zur Galata-Brücke begegnen uns Schuhputzer. Der eine verliert eine Bürste, wir weisen freundlich darauf hin. Jetzt nötigt man uns lautstark, die Schuhe putzen zu lassen, also ein Touri-Trick! Die Galata-Brücke ist ein Kosmos für sich. Oben ziehen Fischer den lieben langen Tag kleine Fischchen aus dem Wasser, begleitet vom dicht vorbeifahrenden Verkehr und unter der Brücke schmiegen sich Fischrestaurants aneinander, die sich mit lautstarken Angeboten vor der Tür übertreffen. Auf der asiatischen Seite findet bis spät abends ein kleiner Fischmarkt statt, wo man direkt auf Plastikstühlen preiswert und frisch essen kann. Sozusagen die türkisch vereinfachte Version unserer „Nordsee“. Dieser kleine Markt gefällt uns fast besser als der Ägyptische Basar auf der anderen Flussseite. Bootstouren werden zuhauf angeboten. Eine unübersichtliche Angebotspalette überfordert uns fast. Unentwegt werden wir angesprochen und mit Angeboten überhäuft. Ein seriös aussehender Mann will uns Tickets für eine Bootsfahrt verkaufen und wirbt mit Shuttle-Bus zum Boot und Kundinnen, die bereits Tickets erworben haben. Bei kurzem Beobachten stellt sich heraus, dass die Frauen zum Anwerber gehören. Wir entscheiden uns für ein mittelgroßes Boot mit Tee – und Kaffeebar, dessen Werber weniger aufdringlich und desto mehr seriös zu sein scheint. Die Bootstour schenkt uns einen Eindruck von der Umgebung der Stadt. Prächtige Villen und alte Burgen, die der Eroberung Konstantinopels dienen sollten; Siedlungen, die malerisch am Bosporus liegen. Auf beiden Seiten - Europa wie Asien - herrliche Ansichten. Zurück an der Blauen Moschee entdecken wir eine Wine-Bar, in der es uns gelingt, eine Kleinigkeit Essen mit gutem Wein zu verbinden. Wir trinken vom Weingut Kavaklidere, dem größten der Türkei, einen trockenen Rotwein, 2010, eine Rebsorte die angeblich die Hethiter schon anbauten, Kalecik Karasi. Wieder auf der Straße, zieht es uns nicht zum Hotel und wir geben in einer beschwingten Laune dem Werben eines Teppichhändlers nach, der uns eine gute Flasche Wein im Restaurant im 8. Stock auf dem Dach seines Hauses ohne Essenszwang in Aussicht stellt. Zu mehreren fahren wir mit dem Aufzug und nehmen mit Blick auf die angestrahlte Moschee Platz. Ein Anfora 2010 vom Weingut Pammukkale Sarapclik weckt unsere Neugier. Eine Cuvee aus den autochthonen Rebsorten Öküzgözu (Ochsenauge) und Bogazkere verwöhnt unsere Zunge und lässt uns an diesem schönen Aussichtsplatz orientalisch träumen. Wir verabschieden uns spät und werden durch ein dunkles Geschäft zwischen dicken Teppichstapeln nach draußen geleitet, verbunden mit der Bitte, am nächsten Tag wieder zukommen und diesmal zu essen! Der nächste Tag startet nach dem inzwischen obligatorischen, leckeren Frühstück über den Dächern Istanbuls mit dem Besuch des Topkapi-Palastes. Nach einer Rast in der einheimischen Konditorei „Mado“ geht es hinreichend gestärkt mit der Straßenbahn zur asiatischen Seite des Hafens und zum Galataturm. Auf dem Weg durch die Gassen hoch zum Turm versucht man sich wieder mit dem Schuhputzer-Trick an uns, aber wir reagieren nicht mehr. Der Blick vom Turm ist grandios. Die Versöhnung mit den horrenden Aufzugpreisen (Treppe gehen nicht erlaubt) geschieht augenblicklich. Auf dem Rückweg über den unteren Teil der Brücke begegnen wir einem Mann, der der 70 er Jahre Fernsehserie „Catweazel“ entsprungen scheint. Er schnappt sich im Sprung die herunterhängenden Angelschnüre der über ihm fischenden Männer, löst unbemerkt die Fische vom Haken und wirft die Schnüre zurück. Sein verschmitztes, lächelndes Gesicht fordert unser Lachen. Wir gönnen uns ein paar fritierte Fische mit Brot zusammen mit frischem Granatapfelsaft in einem der Restaurants unter der Brücke. Bezeichnenderweise wählen wir das Restaurant, dessen „Eintreiber“ sich am Zurückhaltendsten verhält. Es ist Abend. Die Luft riecht nach dem nahen Meer und die Blaue Moschee leuchtet in Orange und Silbertönen. Wunderschön. Ein kleines Restaurant mit einheimischen Gästen lädt zum Verweilen ein und wir trinken eine Flasche Angora 2010, wieder Weingut Kavaklidere, eine schmackhafte Cuvee aus Cabernet-Sauvignon und Kalecik Karasi für kleines Geld und essen türkischen Joghurt, Gurke sowie frisch aufgebackenes Brot. Fazit für uns: Die Morgenstimmung Istanbuls bezaubert insbesondere bei einem Hotel mit Dachaußensitz und auch im moslemischen Ex-Konstantinopel kann man nach anstrengenden Tages-Besichtigungen die Abende bei gutem Wein ausklingen lassen.
- ZimmergrößeGut
- SauberkeitGut
- Ausstattung des ZimmersGut
- Atmosphäre & EinrichtungEher gut
- Sauberkeit im Restaurant & am TischSehr gut
- EssensauswahlEher gut
- GeschmackEher gut
- Kompetenz (Umgang mit Reklamationen)Sehr gut
- Freundlichkeit & HilfsbereitschaftGut
- Rezeption, Check-in & Check-outSehr gut
- FamilienfreundlichkeitEher schlecht
- Einkaufsmöglichkeiten in UmgebungSehr gut
- Restaurants & Bars in der NäheGut
Beliebte Aktivitäten
- Kultur & Erlebnis
- Ausgehen & Nightlife
- Lage für SehenswürdigkeitenSehr gut
Infos zur Reise | |
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Verreist als: | Freunde |
Dauer: | 3-5 Tage im Januar 2012 |
Reisegrund: | Stadt |
Infos zum Bewerter | |
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Vorname: | Heike |
Alter: | 41-45 |
Bewertungen: | 2 |