Nichts fehlt: Wir sitzen in der Seaside Lounge Imabari direkt am Wasser. Wenn ein Kreuzfahrtschiff oder eine Fähre vorüberzieht, spritzt Gischt an unsere Beine. Im Hintergrund läuft sanfter griechischer Rock, vor uns steht ein Cocktail , und die letzten Sonnenstrahlen färben die Zweitausender auf dem gegenüberliegenden Festland gerade zartrot. Yachten ankern keinen Steinwurf entfernt vor der Kulisse der venezianischen Festung, die jetzt effektvoll angestrahlt wird. Korfus Hauptstadt Kerkyra ist für mich eine der schönsten Städte Griechenlands.
Die weitläufige Altstadt liegt zwischen zwei Burgen, es gibt zwei Schlösschen und Hunderte stattlicher Häuser aus venezianischer Zeit. Mittendrin erinnert ein schlanker Campanile mit roter Haube an die Serenissima – die Republik Venedig –, die über 400 Jahre die Insel Korfu beherrschte und viele italienische Spuren hinterließ. Wäsche hängt über den schmalen Gassen zum Trocknen, die marmorgepflasterten Hauptgassen werden von Schatten spendenden Arkaden gesäumt.
Auch wer kleine, nette Läden liebt, der wird in Korfus Hauptstadt fündig: Bei Thomas in seinem Schnitzer-Atelier „By Tom“, in dem alles nach Olivenholz duftet. Bei Mary in ihrem Sandalenladen „Albatros“, wo nur Sandalen in den Regalen stehen, die sie und ihr Mann Jannis im Winter mit Applikationen schmückten. Oder bei „Vassilakis & Sons“. Da gibt es alles, was man aus den auf Korfu schon seit über 100 Jahren angebauten Zwergorangen, den Kumquats, machen kann: Liköre und Bonbons, Marmeladen und Eau de Toilette.
Überall zwischendrin: Cafés, kleine Bars, mal schicke, mal eher urige Tavernen - mit Tischen und Stühlen im Freien natürlich. Auf der Esplanade, dem größten und prächtigsten aller Plätze, sitzen Hundertschaften bei Freddo Espresso und Frappé. Fliegende Händler bieten eher unaufdringlich Überflüssiges an, auf der Rasenfläche spielen Einheimische Cricket. Kinder drehen auf Elektroautos ihre Runden, Fiaker warten auf Romantiker für kurze Stadtrundfahrten, Segway-Gruppen kommen vorbei.
Auch Kultur und Geschichte kannst du in der Inselhauptstadt erleben. Im Schlösschen Mon Repos zum Beispiel wurde 1921 Elizabeths Gatte Prince Philip geboren, im Old Palace hat eine der größten Sammlungen asiatischer Kunst eine Heimat gefunden. Im Archäologischen Museum erschrickt eine über 2600 Jahre alte Frauenfratze mit Schlangen im Haar den Besucher. Und in der Spyridon-Kirche entzünden Pilger aus der gesamten orthodoxen Glaubenswelt ihre Kerzen und küssen den Sarkophag des gleichnamigen Inselheiligen.
Wenn es dämmert, geht's zunächst in die Dachgartenbar des Hotels „Cavalieri“. Dann gehört die Luft den Mauerseglern und über die Dächer der Altstadt hinaus ragen die Kuppen grüner Hügel in den Himmel. Nach dem Aperitif kommt Hunger auf. Also weiter zu den Restaurants am Alten Hafen: Da werden viele korfiotische Köstlichkeiten auf kleinen Tellerchen auf den Tisch gestellt. Tellergerichte à la Mitteleuropa gibt's nur für Touristen – die Einheimischen lieben die Vielfalt ihrer Mezé. So werden in Griechenland die tapasartigen Speisen genannt.
Als Kaiser Wilhelm II. zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein paar Mal in seinem Schloss „Achilleion“ auf Korfu Osterurlaub machte, ließ er sich gern nachmittags in seinem roten Benz ins nahe gelegene Pelekas chauffieren. Da setzte er sich auf einen Fels, der heute noch „Kaizer's Throne“ heißt, und schaute zu, wie die rote Abendsonne die Hänge grüner korfiotischer Hügel hinunterrollte. Heute gibt es dort auch ein Café-Restaurant. Das bietet die passende Chillout-Musik zu dem wunderschönen Spektakel.
Kerkyra ist der griechische Name der Stadt Korfu. Sie liegt an der Ostküste der gleichnamigen Ionischen Insel. 2007 wurde die Altstadt in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.