- Preis-Leistungs-VerhältnisEher gut
Die Nature Trails Wilderness Lodge erreicht man nur in einer mehrstündigen Bootsfahrt auf dem Wasserweg oder mit dem Wasserflugzeug in ca 45 Minuten von Nimpo aus. Eine gewöhnliche Bewertung nach allgemeinen Hotelstandards fällt hier schwer. Ich habe gerade mit Entsetzen die Bewertung gelesen, die hier vor mir erfolgt ist und möchte auf folgendes hinweisen: Wie man so einen Platz wahr nimmt besteht immer aus zwei Faktoren: Die Unterkunft (hier die Lodge) selbst und die persönliche Erwartungshaltung. Meine Erwartungen waren tendenziell eher niedrig und wurden weit übertroffen und ich habe den anderen Erfahrungsbericht nur mit Kopfschütteln gelesen. Der Reiseveranstalter Trails wirbt ausdrücklich mit dem Zivilisations-entrückten Charakter. So haben die Hütten keinen Strom. Aktivitäten vor Ort sind im Bereich Wandern, Angeln, Bootfahren, Wildwatching, etc. anzusiedeln. Wer das Pech hat ein paar verregnete Tage auf der Lodge zu erleben, wird unter Umständen wenig begeistert sein. Auch wer am Rande des Tweedsmuir Nationalparks nach den Annehmlichkeiten eines 4-Sterne Hotels sucht, wird enttäuscht sein. Die Lodge ist ein Wildniscamp mit einer längeren Geschichte und keine neue Anlage - bestehend aus unterschiedlich großen Gästehütten mit Bad. Ein Gemeinschafts-Blockhaus in dem das Personal die Mahlzeiten zubereitet und in dem gegessen wird, bildet den Mittelpunkt der Anlage. Die Lodge wird nur in den Sommermonaten bewirtschaftet und dem aufmerksamen Beobachter wird nicht entgehen, dass man als Mensch hier zu Gast in der Natur ist und nicht umgekehrt. Dennoch sind die Hütten sauber und auf eine urige Art gemütlich. Besonders erstaunt war ich über die Qualität der Badezimmer in unserer Hütte. Das Bad war ganz offensichtlich völlig neu renoviert und immer wieder erstaunlich fand ich, wie wenig einem an Komfort fehlt , auch wenn es keine Elektrizität gibt. Unbedingt machen: - Vor Sonnenaufgang zur Wildbeobachtung losziehen und den Sonnenaufgang draussen genießen! - Eine Forelle fangen und grillen!
Alt aber gemütlich. Die Hütten sind definitiv nicht neu sondern stammen aus der Zeit der Gründung der Lodge durch David Packard oder wurden in den Folgejahren zugebaut. Sie sind nicht nur unterschiedlich groß und für unterschiedliche Gästezahlen ausgelegt sondern auch in der Ausstattung sehr unterschiedlich. Mit der Einrichtung ist es ähnlich. Alles ist ein bisschen zusammen gewürfelt und definitiv nicht neu. Es ist aber auch klar, dass es nicht möglich ist wie in einem normalen Hotel alle 5 - 10 Jahre eine neue, standardisierte Einrichtung hier draussen einzubauen. Und das ist doch auch gut so - das Camp hat definitiv Charakter. Alles in allem: Unsere Hütte war sauber, unser Bad war völlig neu renoviert. Warm duschen ohne Strom kein Problem. Ich hab hier geschlafen wie ein Baby.
Die Abendessen, die wir gemeinsam in der Haupthütte eingenommen haben, waren immer lecker. Auch hier gilt: Nicht fancy, aber super leckere Hausmannskost. Abends war ich immer satt und happy. Ein bisschen Probleme hatte ich mit dem Frühstück und mit dem Lunchpacket. Gerade zweiteres war in meinen Augen einfach auch etwas zu wenig für einen ganzen Tag. Das Frühstück war ausreichend, aber ich als Deutscher bin einfach anderes Brot gewöhnt. Aber vielleicht sind wir da auch einfach sehr verwöhnt. Generell kann ich hier nur sagen: Die Abendessen haben den Lunch wieder wett gemacht und ich hatte mich vorher in Nimpo auch mit etwas Knabbereien für den Aufenthalt eingedeckt weil ich durchaus ein Viel-esser bin und die Lunchpackete schon von dem vorangegangenen Aufenthalt auf der Terra Nostra Ranch kannte. Zum Essen konnte Bier und Wein erworben werden. Beides relativ teuer - muss aber ja auch entweder eingeflogen werden oder den weiten Weg per Boot nehmen. Alles in allem: Auch mit der Verpflegung war ich zufrieden. Trotz der Lage der Lodge gab es Äpfel, Salat... Wenn ich hier einen Kritikpunkt habe, dann dass es für große, hungrige Männer manchmal etwas wenig war. Hier sehe ich noch Verbesserungspotential.
Zum Service habe ich nicht so viel zu sagen. Die Lodge wird von einem Care-Taker Paar bewirtschaftet, die je nach Bedarf von Saison-Kräften verstärkt werden. Die Leute waren herzlich, aber auf näheren Kontakt habe ich selber keinen Wert gelegt. Um Auskünfte oder Tips waren sie eigentlich nie verlegen. Beide waren definitiv keine gelernten Hotelfachleute, was aber bei dieser Gästekapazität und mitten in der Wildnis meiner Meinung nach nicht nötig ist - da zählen andere Qualitäten. Die beiden haben in meinen Augen einen sehr guten Job gemacht - ich hatte nie einen Grund zur Klage. Aber auch hier mag die persönliche Erwartungshaltung von entscheidender Rolle sein. Was ich mir für die Wildnis erwartet hatte, wurde übertroffen. Besonders profitiert habe ich auch durch eine deutsche Aushilfskraft (Doreen) die sich im Sommer 2010 als eine Art stationärer Guide um die Gäste gekümmert hat. Die Zimmer und das Bad in unserer Hütte waren sauber. Alles nicht "fancy" aber gepflegt und gemütlich. Besonders wohl habe ich mich auch in der Haupthütte gefühlt. Hier steht auch ein uraltes, völlig verstimmtes Klavier, welches ich auch gerne etwas malträtiert habe. Ich hoffe, ich habe niemanden damit zu sehr genervt :-)
Die Lage direkt am Tetachuck Lake am Rande des Tweedsmuir Nationalparks ist einmalig. Für Aktivitäten vor Ort stehen Kajaks an zwei verschiedenen Seen zur Verfügung so wie 3 angelegte Trails. Im Sommer können harte Jungs und Mädels auch baden. Vor Ort gab es einfache Karten für die Gäste zum wandern, die aber voll und ganz ausreichend waren. Die Gewässer der Seen sind teilweise für ihre ausgezeichnete Fischqualität bekannt und eigene Fänge (Achtung: Angellizenz erwerben) werden vom Personal gerne für einen zubereitet und können gegrillt werden. Der eigenen Fantasie sind natürlich bei Streifzügen durch die Gegend keine Grenzen gesetzt. Aber Vorsicht - das ist Bärenland. Auf einer unserer Wanderungen bogen wir um eine Kurve und keine 3 Meter von uns entfernt ist ein Bär ins Gebüsch geflohen. Generell gilt: Es braucht etwas Glück um Tiere beobachten zu können. Von enttäuschten Gästen habe ich erfahren, dass sich 3 Tage lang gar nichts gezeigt hat. Tierbeobachtungen brauchen Glück und auch ein gewisses know how gehört dazu. Wer glaubt auf eine Lodge zu fliegen und jeden Tag Bäre und Elche beobachten zu können ist falsch gewickelt und sollte vielleicht eher in den Zoo gehen. Das Personal vor Ort kann einige Tips geben wann und wo die Wahrscheinlichkeit Tiere zu beobachten besonders hoch ist. Dann muss man gegebenenfalls auch einmal etwas früher aufstehen. Auf den Bären in der eigenen Hütte braucht man (zum Glück) nicht zu warten. Wer sich vor Ort unterhalten will hat die Natur als Kino, Spielplatz und gigantische Live-Inszenierung direkt vor dem Fenster. Ansonsten helfen Bücher, gute Unterhaltungen und Entspannen/Meditieren. Wer sich nicht selber beschäftigen kann, hat hier nichts verloren. Wer ohne Fernseher und Internet Entzugserscheinungen bekommt, ebenso. Der Aufenthalt auf der Lodge ist eine Erfahrung für sich. Dinge die Gäste als Mangel erleben, habe ich als Zugewinn empfunden. Ich habe mich als Gast in der Natur gefühlt und nicht wie so oft die Natur als Gast bei uns empfunden. So sollte es sein! Auffällig sind die teilweise großen Schäden durch den Borkenkäfer. Das merkt man bereits im Flugzeug. British Columbia hat mit diesem Schädling ein massives Problem. Anders als bei unseren kleinen Wäldern in Europa ist es jedoch nicht möglich, den Käfer effektiv zu bekämpfen. Ein einfacher Blick in die Karte genügt als Erklärung hierfür: die Waldflächen sind einfach zu groß. So überlässt man die Natur sich selbst und man staunt: Sie braucht den Menschen tatsächlich nicht. Auf Nachfragen erfuhren wir, dass das schlimmste in der Gegend der Lodge bereits überstanden ist und sich die Natur langsam wieder erholt. Man erklärte uns die verschiedenen Stadien der Borkenkäferplage. Von den braunen Bäumen die aussehen wie im Herbst bis sie dann die Nadeln verlieren. Von Waldbränden die auf natürliche Weise die kaputten Bäume vernichten und den Wald verjüngen und von neuem Grün, dass sich breit zu machen beginnt. Auf den ersten Blick dachte ich mir, eine kleine Naturkatastrophe vor mir zu haben. Wenn man sich mit der Thematik allerdings etwas beschäftigt sieht man einfach, dass dies auch nur ein Teil eines völlig normalen Prozesses ist. Als solcher gewinnt er dann schon fast wieder so etwas wie Charme. Ich konnte mich jedenfalls, nachdem ich mich ein bisschen mit dieser Thematik beschäftigt hatte, an den Borkenkäfer-Bäumen nicht mehr stören. Wir scherzten oft, dass wir Indian-Summer in West-Kanada erleben würden.
Beliebte Aktivitäten
- Sonstiges
Der größte Spielplatz direkt vor der Tür. Der See als Pool mit glasklarem Wasser. Schwierig diesen Punkt nach allgemeinen Standards irgendwie zu würdigen. Eigentlich nicht möglich. Einkaufsgelegenheit gibt es vor dem Abflug in Nimpo. Hier kann man sich im General-Store mit allem eindecken was man für den Aufenthalt so braucht. Für Sport und Unterhaltungsprogramm ist dann jeder selbst verantwortlich. Es gab ein Volleyballnetz, es gab die Trails, die Boote, man konnte Angeln, man konnte die Natur genießen. Kein klassisches Unterhaltungsprogramm und doch genau der Punkt, weswegen man hierher kommt.
Infos zur Reise | |
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Verreist als: | Alleinreisend |
Dauer: | 3-5 Tage im August 2010 |
Reisegrund: | Sonstige |
Infos zum Bewerter | |
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Vorname: | Bernhard |
Alter: | 26-30 |
Bewertungen: | 1 |