Denkt man an die Vereinigten Arabischen Emirate, dann wohl zuerst an Wüste und an gigantische, futuristische Wolkenkratzer, vielleicht auch an Luxusshopping und endlose Sandstrände. Nur an Bäume und grüne Natur wohl eher nicht. Schon gar nicht an einen exotischen Mangrovenwald. Doch an der Küste von Abu Dhabi gibt es einen – und den könnt ihr sogar trockenen Fußes erkunden
Abu Dhabi, Hauptstadt des gleichnamigen Emirats sowie der Vereinigten Arabischen Emirate, liegt auf einer dem Festland vorgelagerten Insel im Persischen Golf. Um die rund 70 Quadratkilometer große Kerninsel herum liegen weitere, teils künstlich angelegte Inseln. Von Ebbe und Flut bestimmt, wechseln in der Küstenregion die Wasserstände – bei Flut werden manche Inselteile überschwemmt. So richtig „Land unter“ bedeutet das zwar nicht, meist ist das Wasser kaum knietief, an manchen Stellen etwa schulterhoch. Im Überschwemmungsgebiet der Insel Jubail ist ein natürlicher Mangrovenwald gewachsen, wie man ihn sonst etwa aus Südamerika kennt.
Nicht zuletzt ist die Existenz des Waldes hier in Abu Dhabi bemerkenswert, denn üblicherweise finden sich solche Mangrovenwälder nur an tropischen Küsten. Mangroven sind ein spezielles Ökosystem, insbesondere die salztoleranten Mangrovenbäume selbst sind absolut außergewöhnlich: Ihr Lebensraum ist dem Wechsel der Gezeiten ausgesetzt, also entweder überflutet oder trocken. Die Pflanzen wachsen nur, wenn die Wassertemperatur über 20° C liegt, um ihren Wasserbedarf zu decken, müssen sie notgedrungen mit Salzwasser vorlieb nehmen. Das aber ist normalerweise für Pflanzen absolut schädlich.
Doch die Mangrovenbäume und -sträucher haben verschiedene Filtersysteme entwickelt, mit dem sie das Salz vom Wasser trennen oder über die Blätter ausscheiden. Auch die Wurzelsysteme sind anders als bei den meisten Bäumen, liegt doch der größte Teil überirdisch – zumindest bei Ebbe, bei Flut hingegen stehen die Wurzeln im Meereswasser. Höher als fünf Meter werden die Bäume in einem Mangrovenwald bei aller Anstrengung aber selten.
Etwa 60.000 Tiere, Fische und Vögel, Krabben und Flamingos leben im Mangrovenwald auf der Insel Jubail. Erst Anfang 2020 wurde hier der Jubail Mangrove Park eröffnet. Holzstege wurden angelegt, auf mehreren Kilometern und verschiedenen Routen führen sie durch das etwa einen Quadratkilometer große Areal. Beeindruckend ist die Landschaft zu jeder Zeit, am spannendsten ist der Besuch aber bei Flut. Im kristallklaren Wasser tummeln sich dann jede Menge Meerestiere.
Die Flamingos und viele andere Wasservögel verlassen dann ihre Beobachtungsposten auf den Bäumen und begeben sich auf Nahrungssuche – und ihr seid mittendrin, erlebt die exotischen Tiere hautnah. Während der Flut sind von vielen der Bäume und Sträucher nur noch die grünen Kronen zu sehen. Bei Ebbe fällt die Fläche fast ganz trocken, die zu bizarren Knäulen gewachsenen Wurzeln der Mangrovenbäume liegen dann frei, wie im Wattenmeer führen nur noch schmale Priele durch die sandige Ebene.
Übrigens: Wann Ebbe und wann Flut ist, könnt ihr mit einem Blick in den Gezeitenkalender in Erfahrung bringen – und euren Besuch danach planen.
Beim entspannten Spaziergang über den „Mangrove Walk“ lernt ihr ganz nebenbei viel über das ungewöhnliche Ökosystem des Mangrovenwalds. Die Bohlenwege führen euch auf drei Routen kreuz und quer durch das Feuchtgebiet. An sechs Stationen erklären Schautafeln leicht verständlich, welche besondere Bedeutung die Mangroven für die Region haben – etwa, dass die natürlichen Überschwemmungsgebiete die Inseln und das dahinter liegende Festland vor Erosion schützen. Zudem sind Ranger im Park unterwegs, die sachkundig eure Fragen beantworten. An verschiedenen Wegpunkten sind Aussichtspunkte eingerichtet, die das Augenmerk auf die Details der faszinierend schönes Landschaft lenken. Dadurch wird der Spaziergang immer wieder aufgelockert – und so kommt auch bei Kindern keine Langeweile auf.
Sehenswert ist zudem die spannend erzählte Ausstellung im Besucherzentrum, hier bekommt ihr jede Menge Hintergrundwissen vermittelt, spannend und informativ verpackt. Auch ein Café gibt es im Besucherzentrum – dort könnt ihr euch vor oder nach der Erkundung des Parks stärken.
Der Jubail Mangrove Park liegt auf Jubail Island, auf halber Strecke zwischen den Inseln Yas und Saadiyat. Brücken verbinden die Inseln miteinander; einen Parkplatz gibt es direkt am Eingang zum Mangrovenpark. Geöffnet ist der Park von 8–18.30 Uhr, der Eintritt ist kostenlos. Während der heißen Sommermonate bleibt der Mangrovenpark allerdings geschlossen. Weitere Infos findet ihr hier.
Auf einer geführten Kayak-Tour erlebt ihr die faszinierende Wasserlandschaft aus der Enten-Perspektive – und erfahrt dabei von den Guides viel Wissenswertes über den Lebensraum Mangrovenwald. Und noch ein besonderes Erlebnis wird geboten: eine Übernachtung im Park. Dabei nächtigt man in den Glamping-Pods, auf Holzpodesten aufgebauten Kuppelzelten mit einem Panoramadach.
Der Jubail Mangrove Park liegt auf Jubail Island, zwischen den Inseln Yas und Saadiyat. Abu Dhabis Inseln sind durch Brücken miteinander verbunden und so alle per Auto erreichbar. Die Flugzeit von Frankfurt nach Abu Dhabi beträgt gut sechs Stunden.