Hotel Weißer Hirsch

Ein dunkles Haus, eine dunkle Lobby. Ein dunkler Kamin, eine Wendeltreppe nach oben. Abgewohnt und unheimlich. Die Empfangsdame erschient wie aus dem Nichts. "Was ich kann tun für Sie?" fragt sie mit osteuropäischem Akzent. Ein großes Paket im Windfang, an dem ich mich vorbeischieben muss.... Ich bin versucht zu fragen: "Herr Graf Dragul geht auf Reisen?" Eine kalter Hauch erfasst mich.

Auf dem Waschbecken lag beim Betreten des Zimmers eine vom Vorgänger schon abgenutzte kleine Seife von der Art, wie sie frisch verpackt in anderen Hotels bereitliegt. Im Bereich der kleinen Dusch- und WC-Einheit waren überall schwarze Haare. Der billige Teppichboden ist sicherlich 25 Jahre alt und völlig verschlissen. Eine Preisliste erinnert daran, dass es früher sowas wie eine Minibar gegeben haben muss. Beim Betreten des Balkons hatten wir angst, mitsamt dem morschen Gebäude abzustürzen. Die Lage des Hotels ist sehr schön. Aber drinnen sollte man die Augen besser verschließen.

Frühstück in einem runtergekommenen; ehemaligen Tanzsaal. Das Schlimmste war die Beleuchtung. Ein Kronleuchter brannte; der andere dimmte dunkel vor sich hin. Am nächsten Tag tauschten die beiden Kronleuchter ihre Rollen. Der Saal ist etwas unter dem Straßenniveau draußen. Sitzt man am Tisch, dann sieht man aus dem Fenster nach oben auf die Autoräder, die den Kreisverkehr draußen umkurven. Etwas bedrohlich. Das Frühstück war einfachund recht lieblos. Thermoskannen mit Kaffee auf dem Tisch. Frisches, hartes Obst nur im ganzen Stück. Und eine Schüssel mit eingekochten Erdbeeren (im Mai!!!!); sowas habe ich ewig nicht mehr gesehen. Wer sich gesund und bewusst ernährt, wird hier wenig finden. Zum anderen waren die ausgelegten Wurst- und Käsesorten blaugrau in der Vitrine angeleuchtet. Kein schöner Start in den Tag. Das Essen im Restaurant a la carte wird mithilfe von Fertigprodukten gefertigt. Hausmannskost, preisbewusst zubereitet.

Die Frühstücksmädchen sind bemüht. Das Personal, das abends bedient, kommt seinen Aufgaben in keiner Weise nach. Um eine Order für Nachbestellungen von Getränken aufzugeben, mussten wir 30min warten. Als wir zahlen wollten, warteten wir wieder vergebens. Wir waren nicht die einzigen Gäste, die dann gemeinschaftlich mit gezückten Geldbörsen am Tresen standen und auf die Dame warteten. So lernen sich Gäste kennen. Checkout am nächsten Morgen war nicht möglich. Wir standen - wieder in einer Wartegemeinschaft - vor der geschlossenen Luke der Rezeption in der dunklen Lobby. Es dauerte geschlagene 40min bis die Dame kam, um uns unfreundlich und schnippisch abzukassieren und zu verabschieden. Hier wird Fachkräftemangel greifbar; eine freundliche Frage einer anderen Dame wurde sehr hässlich abgewatscht. (Die Rezeptionistin aus Bulgarien (???) scheint in Selbstbewusstsein mehrere Vollbäder genommen zu haben. Sehr unangenehm. Wir werden uns nicht wiedersehen.

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