Im Schwarzwald gibt es geheimnisvolle Gesteinsbrocken, um die sich viele Sagen ranken. Wir haben die Giersteine bei Forbach im Murgtal besucht – und dort vor allem die Stille entdeckt
Die Sonne schickt ihre letzten gefächerten Strahlen über die Kuppe. Dann verschwindet sie hinter den Schwarzwald-Bergen. Die Steine sind noch warm vom Tag. In den größten der Giersteine bei Forbach im Murgtal wurde vor Jahrzehnten ein Treppchen gemeißelt. So kann man bequem nach oben gelangen und die Aussicht genießen: ins Murgtal. Auf die Berge gegenüber. Und bis ins kleine, idyllische Forbach hinunter. Es ist, als ob nun Ruhe einkehrt. Die Naturgeräusche werden leiser.
Manuela Maer, die in der Nähe wohnt, kommt auf der Suche nach Inspiration manchmal sogar nachts her. Maer, die im Alltag Claudia Mutschler heißt und IT-Expertin ist, schreibt Fantasy- Geschichten und hat die Giersteine zu einem mystischen Schauplatz in ihrem jüngsten Roman gemacht. Kostprobe gefällig? „Plötzlich begann der Körper ihres Vaters zu schweben. Sachte bewegte er sich auf die Stirnseite des Felsens zu und senkte sich erst, als dessen Kopf über der Mulde lag, von der aus tiefe Riefen hinunterreichten. Die dunkel gewandeten Männer, die unterhalb des Felsens ausharrten, hatten mit einem Furcht einflößend wirkenden Singsang begonnen. Maledins Wille wurde immer mehr in Bann gezogen.“ Das Licht bei den Giersteinen, die seit 1940 ein Naturdenkmal sind, hat sich während der Lektüre verändert. Die warmen Töne sind weg, Zwielicht kündigt den Abend an. Plötzlich kann man sich viel besser vorstellen, dass an solchen mystischen Geschichten etwas dran ist.
Schwarzwaldguide Bernd Schneider, der oft mit Wandergruppen herkommt, kennt Maers Text natürlich. Aber er mag auch die ganz alten Sagen und erzählt immer wieder gerne: von den Tier- oder gar Menschenopfern, die vor Urzeiten Göttern gebracht worden seien. Das Blut sei dann über die tiefen Rillen im großen Felsen abgeflossen. Von einer heidnischen Priesterin, die vor den Christen hergeflüchtet sei, und vom Teufel, der auf den Steinen stand, als die Missionare kamen. Alles nur blühende Fantasie? Bernd Schneider lacht: „Ja, wahrscheinlich, denn die Geologen haben sich längst anders entschieden. Das Wunder, das diese Steine hier geschaffen hat, ist die Erosion: Wasser, Wind, Hitze, Kälte sind für diese Formen verantwortlich. Um uns herum war alles bedeckt mit Gestein, Pflanzen und Erde. Mit der Zeit ist das abgetragen worden.“
Geblieben sind die einzigartigen Steine mit ihren Formen, Spalten, bunten Flechten – ein Ort mit einer besonderen Ausstrahlung. Die Giersteine sind aber auch ein Ruheplatz, an dem man in aussichtsreicher Lage entspannen kann – zum Beispiel nach einer kleinen Wanderung vom Forbacher Bahnhof bis hier hinauf.
Mehr über die Region?
www.schwarzwald-tourismus.info
Mehr über die Steine?
www.forbach.de
Die besondere Steinformation befindet sich im beschaulichen Ort Forbach im Murgtal. Zu Fuß erreicht man sie vom Ortsteil Bermersbach aus.