Évora? Évora. Kennt niemand, oder? Geht ja einigen portugiesischen Städten so: Wer fährt denn schon nach Braga, oder Coimbra, oder Guarda? Für die meisten Reisenden besteht Portugal ja nur aus der Algarve und vielleicht noch aus einem Abstecher nach Lissabon, das war's dann aber auch. Schließlich fliegt man ja von Faro aus zurück. Selbst wenn man Évora auf der Landkarte suchen und finden würde, läge es den meisten zu abseits für einen Besuch: tief verborgen im Landesinnern, 130 Kilometer östlich von Lissabon und damit auch 130 Kilometer entfernt vom Meer. Man muss schon nach Évora wollen, um nach Évora zu kommen. Und dann staunt man, wie schön es hier ist.
Was einem zuallererst auffällt: was hier alles an historischer Bausubstanz herum steht. Die Stadt ist alt, schon die Römer haben hier gewohnt, und sowohl sie als auch alle anderen nach ihnen haben sich in Évora architektonisch ausgetobt. Deswegen kann man hier heute Tempel sehen und eine Burg, die Reste eines römischen Aquädukts, eine fulminante Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert und straßenzugweise Bürgerhäuser aus der jüngeren Vergangenheit, und alles steht nebeneinander, als sei es im gleichen Jahr gebaut worden. Schon klar, warum die UNESCO die komplette Innenstadt auf die Weltkulturerbe-Liste gesetzt hat.
Évoras Reiseführer behaupten gerne, man müsse sich mindestens 60 Gebäude aus den verschiedenen Epochen ansehen, um zu verstehen, wie wichtig Évora für die portugiesische Geschichte ist. Das ist natürlich Quatsch. Die besondere Atmosphäre dieser Stadt kann man schon aufsaugen, wenn man sich ein paar Stunden für sie Zeit lässt und einfach über ihre alten Plätze und durch die engen Gassen läuft. Dann entdeckt man kleine Cafés und winzige Pastelerias, in denen die Großmütter gerade mit dem noch heißen Blech aus der Backstube kommen. Läden, in denen Platz ist für zwei Regale mit Schmuck und die Werkbank der Kunstschmiedin, schon der zweite Kunde aber in der Tür stehen muss. Und an der Praca da Giraldo, dem Hauptplatz der Stadt, trinken die Portugiesen ihren Portwein in kleinen Bars, in denen damals schon die römischen Legionäre gesessen haben - also fast jedenfalls.
Évora liegt etwa 130 Kilometer von Lissabon entfernt im portugiesischen Hinterland. Kommt man zufällig eher nicht vorbei, muss man hinfahren. Und das sollte man unbedingt, denn die Altstadt ist eine wahre Augenweide.